FAQs Tarot

von Hajo Banzhaf

 

Wie sollte die Frage gestellt werden?

So offen und vorbehaltlos wie möglich. Tarot antwortet so, wie die Frage gestellt ist. Und nur auf eine offene, ernsthaft gestellte Frage gibt es eine offene und ernst zu nehmende Antwort.

Wer versucht, durch eine raffiniert gestellte Frage eine günstige Antwort zu bekommen, mag sie vielleicht auch erhalten. Stimmen aber tut sie ebenso wenig wie die Antworten auf Fragen bei denen der Frager vom Wunschdenken beherrscht oder aus anderen Gründen nur eine ganz bestimmte Antwort hören will.

Was kann man nicht aus den Karten erfahren?

Karten können eine Thematik nur bildhaft darstellen, aber weder Namen noch Orte benennen, ebenso wenig wie Telefonnummern, Datum, Uhrzeit und ähnliches. Man kann mit ihnen auch keine medizinische Diagnosen stellen. Vor allem aber können sie nicht mit »Ja« oder »Nein« antworten.

Wer einen solchen Ratschlag sucht, sollte es besser mit dem Werfen einer Münze probieren. Dennoch können Karten bei Entscheidungen helfen, indem sie die Konsequenzen aufzeigen, ohne dabei der fragenden Person die Entscheidung abzunehmen.

Muss man sich auf die Frage konzentrieren, während man die Karten mischt, abhebt, zieht oder auslegt?

Nein, auf keinen Fall. Lassen Sie sich von der Überlegung leiten, dass Ihr Unbewusstes ohnehin schon weiß, was Sie fragen wollen. Nur Ihr Bewusstes muss noch erfahren, wie die Frage lautet.

Insofern ist die Fragestellung nichts anderes als eine Bewusstwerdung und sollte genauso gesehen werden. Machen Sie sich also klar, was Sie wissen möchten. Während Sie mischen, ziehen oder auslegen, können Sie die Frage dann fast wieder vergessen (deshalb sollten Sie diese vielleicht doch besser aufschreiben, um sie bei der Deutung wieder vor Augen zu haben).

Warum ist es so schwer, sich selbst die Karten zu legen?

Wenn wir einer völlig fremden Person die Karten legen, vielleicht sogar ohne den Fragehintergrund näher zu kennen, sind wir allein auf die Karten angewiesen und übersetzen deren Bilder so lange, bis die fragende Person die Antwort verstanden hat.

Legen wir uns dagegen selbst die Karten, kennen wir nicht nur den gesamten Hintergrund der Frage, sondern auch alle Wünsche, Sorgen und Ängste, die sie umgeben. Das kann die Antwort und unsere Deutung leicht verfärben und verfälschen. Deshalb ist es wichtig, bei eigenen Legungen eine Distanz zur Frage aufzubauen.

Ich rate daher, bei wichtigen, drängenden und schwierigen Fragen nie sofort zu den Karten zu greifen (sich sozusagen darauf zu stürzen) sondern die Frage immer erst einmal zu überschlafen. Wenn man dann am nächsten Morgen, nach einem Spaziergang, einer Meditation oder was immer uns in die Mitte bringt, Tarot befragt, sollte man sich zuvor bewusst machen, dass man nichts erzwingen will aber auch keine Antwort aus Angst vermeiden möchte, dass man wirklich wissen möchte, wie es um die Angelegenheit steht. Wenn diese Haltung nicht aus dem Kopf sondern aus dem Herzen kommt, dann ist die Antwort der Karten von höchster Zuverlässigkeit.

Kann man Kartendeuten erlernen?

Ja, man kann. Tarot ist eine Bildersprache, die sich ebenso erlernen lässt, wie etwa die Sprache der Träume. Und ähnlich wie beim Erlernen einer Fremdsprache gibt es dabei verblüffende Anfangserfolge, aber auch heftige Krisen bevor man die Sprache fließend sprechen kann.

Wer die Krisen unterschätzt, wird schnell entmutigt und sieht die Schuld entweder bei sich ("Nicht begabt") oder beim Tarot ("Die Karten lügen wie gedruckt"). Wer aber gerade in diesen Krisen beharrlich bleibt, dem erschließt sich die Symbolsprache in ihrer faszinierenden Tiefe.

Wie kann man Kartendeuten erlernen?

Manche sagen, indem man einfach anfängt, sich die Karten anschaut und abwartet, was einem zu den Bildern einfällt. Das wird dann oft die intuitive Methode genannt. In der Zeit vor Verbreitung der Schrift, als Menschen noch Bilder lasen, war das sicherlich ein guter Ratschlag. Nachdem wir aber perfekt Buchstaben lesen und darüber das Lesen von Bildern verlernt haben, sind die meisten Menschen damit überfordert. Oft führt diese Methode dazu, dass man das, was man sich wünscht, in die Karten hineinlegt, und es dann natürlich als Tarot-Antwort auch wieder aus ihnen herausliest.

So wie man beim Erlernen einer Sprache gut beraten ist, zunächst einfache Sätze zu lernen, ist es auch ratsam, beim Tarot Schritt für Schritt mit der Bedeutung der Karten vertraut zu werden; und zwar in der Art, wie sie gemeint sind. Das heißt, man sollte zunächst die Deutung ihrer Illustrationen und ihrer Symbolik in der überlieferten Form studieren. Wenn man dann später zu einem eigenen, vielleicht tieferen oder erweiterten Verständnis von Karten kommt, und zu einer eigenen Art damit umzugehen, ist das nur natürlich.

Zum Lernen gibt es verschiedene Möglichkeiten, die sich zum Teil gut ergänzen:

1. Man kann methodisch vorgehen, und die Aussage jeder einzelnen Karte systematisch erlernen. Das ist den meisten zu langweilig, so dass es nur die wenigsten tun.

2. Man kann sich zunächst beschränken und sich mit der überschaubaren Menge der 22 Trumpfkarten (Großen Arkana) befassen, mit denen man erste Legungen machen kann, z.B. die Legemethode "Das Kreuz".

3. Man kann durch täglich Übung mit den Karten vertraut werden, in dem man sich jeden Tag eine Tageskarte zieht, und deren Bedeutung dann im Alltag erkennt. Siehe Artikel

4. Und man kann es über die Praxis lernen, indem man Legemethoden wählt, zu denen es Bücher gibt, die die Bedeutung einer jeden Karte auf jedem Platz der Legung deutet, z.B. Das Arbeitsbuch zum Tarot oder das Buch Tarot als Wegbegleiter. Darüber hinaus ist es empfehlenswert, sich die gelegten Karten zu notieren, um zu einem späteren Zeitpunkt rückblickend ihre Aussage nochmals zu betrachten. Gerade dabei wird die symbolhafte Sprache oft verblüffend klar.

Bedarf es einer Einweihung, um Tarot wirklich zu erlernen?

Nein. Tarot ist selbst ein Einweihungsweg, wenn man die Karten richtig versteht. Dabei geht es allerdings nicht mehr um das Kartenlegen, sondern um das Studium der tiefen Symbolik der 22 Großen Arkana, um ihren Aufbau und die Querverbindungen.

Nur in diesem Teil der Karten überliefert Tarot ein altes Wissen vom Lebensweg des Menschen, des letzter und tiefsinnigster Abschnitt der Initiationsprozess, der Weg der Einweihung, ist. Siehe dazu Tarot und die Reise des Helden

Was muss man beim Mischen der Karten beachten?

Das kommt darauf an, wie Sie weiter vorgehen.

Wenn Sie jede Karte einzeln aus einem verdeckt und fächerartig ausgebreiteten Tarotdeck ziehen, dann ist das Mischen unbedeutend und Sie müssen nichts weiter beachten.

Legen Sie dagegen einfach die Karten aus, die zuoberst auf dem gemischten Stoß liegen, dann sollten Sie in der Tat die Mischrituale einhalten, die in vielen Büchern beschreiben werden, damit Sie die »richtigen« Karten dorthin mischen.

Wer auch »umgekehrte« Karten deutet, sollte die Karten stets mit beiden Händen großflächig auf dem Tisch mischen, damit diese überhaupt die Chance bekommen, sich in die eine oder andere Richtung zu drehen.

Wie deutet man umgekehrte Karten?

Karten die umgekehrt, also auf dem Kopf stehend erscheinen, werden oft anders verstanden als die "normalen".

Es gibt drei Möglichkeiten, sie zu deuten:

1. Man lässt die Tatsache unberücksichtigt und dreht die Karte einfach richtig herum.

2. Man bewertet eine umgekehrte Karte wie eine richtig liegende mit dem Unterschied, dass der Zugang zu dieser Thematik erschwert ist, dass mit dieser Angelegenheit etwas \"klemmt\".

3. Man folgt dem traditionellen Weg, der umgekehrte Karten überwiegend negativ betrachtet. Da Tarot keine festen "Spielregeln" hat, liegt es am Deutenden, sich für einen dieser Wege zu entscheiden. Die Karten antworten dann in der entsprechenden Art.

Ich selbst empfehle, zwischen den ersten beiden Möglichkeiten zu wählen und solange auszuprobieren bis man sich für einen Weg entscheidet. Wer die Karten umgekehrt deutet, sollte sie unbedingt mit der flachen Hand auf dem Tisch oder dem Boden mischen, damit sie auch eine echte Chance haben, sich umzudrehen.

Darf man sich die Karten auch von anderen ziehen lassen?

Ja. Wenn jemand innerlich sehr angespannt ist oder zu feste Erwartungen im Zusammenhang mit der Frage hat, ist es sogar günstiger, wenn er sich die Karten von einem ihm sympathischen Menschen ziehen, legen und deuten lässt.

Für welchen Zeitraum sind die Karten gültig? Für welche Zeiträume kann man die Karten befragen?

Das hängt ganz vom Zeitfaktor ab, der mit der Fragestellung verbunden ist.

In aller Regel geben die Karten einen Ausblick für einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten. Wird aber zum Beispiel nach einem Wohnungswechsel oder einem Berufsweg gefragt, beleuchten die Karten einen weitaus längeren Zeitraum, wohingegen sie sich bei der Frage nach einem vierzehntägigen Urlaub eben auf diesen Zeitraum beschränken.

Darüber hinaus haben einige Karten einen Zeitaspekt: Zeitverkürzend ist die Acht Stäbe und manchmal auch Der Wagen (VII). Geduld verlangen dagegen die Sieben Münzen, vor allem aber die Vier Schwerter und Der Gehängte (XII), die zum Teil sogar auf erhebliche Verzögerungen in der Entwicklung der Frageangelegenheit hinweisen.

Wie oft darf man die Karten befragen?

Die Grundregel lautet: »Weniger ist mehr.«

Wer zu wichtigen Fragen nur selten die Karten legt, wird ihre Aussage weit mehr beherzigen, als jemand der sich dazu täglich mehrfach die Karten legt. Nicht, dass häufig gelegte Karten nicht stimmen könnten. Sie gleichen dann nur einem Vergrößerungsglas bei dem man den Blick für das Ganze verliert. Wer sich täglich das Keltische Kreuz legt, wird wohl kaum alle 10 Karten dem Tagesgeschehen zuordnen können. Wer es dagegen nur alle sechs Monate legt, wird darin eine gute Orientierung finden.

Grundsätzlich sollte man die Karten erst dann neu befragen, wenn die Tendenzen der vorhergehenden Legung eingetreten sind, oder sich in der Einstellung des Fragenden oder im Frageumfeld eine grundlegende Änderung ergeben hat.

Für häufiges Fragen eignen sich natürlich Legemethoden, die eine kurzfristige Antwort geben, wie etwa die Pro und Contra Legung, die Sie auf dieser Website machen können, oder Der nächste Schritt, der ausgiebig im Buch Tarot als Wegbegleiter beschrieben wird.

Kann man Karten für nicht anwesende Personen legen?

Ja, man kann, sofern man das Einverständnis dieser Person hat und/oder ein berechtigtes Interesse. Letzteres liegt zum Beispiel vor, wenn man mit einem Menschen in Beziehung steht und sich die Karten legt, um etwas über den Stand der Beziehung zu erfragen.

Versucht aber jemand aus Neugier oder Sensationslust ohne Einverständnis eines anderen in dessen Privatsphäre zu schnüffeln, ist die Aussage der Karten in aller Regel wertlos. In manchen Fällen werfen sie allerdings Licht auf die Motivation des Fragenden.

Warum werden die Karten mit der linken Hand gezogen?

Weil sie bildlich gesprochen vom Herzen kommt und die linke Körperhälfte seit alter Zeit als die intuitive Seite gilt. Ein Wissen, das von der neueren Gehirnforschung bestätigt wurde. Auch Linkshänder sollten ihre Karten mit der linken Hand ziehen.

Ist die Aussage der Karten falsch, nur weil sie spontan mit der rechten Hand gezogen wurden?

Nein. Beim Tarot ist der Zufall oder die Spontaneität immer wichtiger als die Regel. Wer also spontan gegen die Regeln verstößt, macht dadurch nichts falsch.

Wieso können uns die Karten eine bedeutsame Antwort geben?

Dieses Phänomen lässt sich sicherlich nicht hinreichend erklären. Aber es gibt über das im Artikel »Zufall und Zufallsorakel« Gesagte hinaus, zwei interessante Überlegungen:

1. Das Unbewusste hat ein anderes Verhältnis zu Raum und Zeit als unser Bewusstes und ist dadurch in der Lage, über den Tellerrand der Gegenwart hinauszuschauen, wie es fast jeder schon an Zukunftsträumen und eigenem Vorauswissen erlebt hat. So wie die Sprache des Bewussten aus Worten besteht, spricht das Unbewusste durch Bilder. Die Tarotkarten lassen sich als Alphabet dieser Bildersprache unserer Seele verstehen, mit denen das Unbewusste ausdrückt, wie es die Frageangelegenheit sieht. Alles, was das Bewusste tun muss, ist, die Sprachen des Unbewussten zu lernen, um zu verstehen, was da gesagt wird.

2. Der zweiten Überlegung liegt der Begriff der Zeitgleichheit zugrunde, der Synchronizität, wie C.G. Jung dieses Phänomen nannte. Wir sind es gewohnt, die Zeit in Quantitäten zu messen. Es gibt aber auch eine Qualität der Zeit, an die sich unsere Sprache noch erinnert, wenn sie vom richtigen Augenblick spricht. Aus dieser Sicht hat jeder Augenblick seine eigenen Merkmale, die sich in gleicher Weise auf verschiedensten Ebenen zeigen. Makrokosmisch in planetaren Konstellationen, mikrokosmisch in atomaren Bewegungen, und dazwischen auf vielen anderen Stufen, zu denen Tarot ebenso wie das I Ging und andere Orakelmethoden gehören.

Da in einer ganzheitlichen Sicht der Welt Frage und Antwort eine Einheit bilden, liegt im Zeitpunkt der Frage auch die Antwort. Gelingt es also, die Qualität eines bestimmten Augenblicks zu erkennen, lässt sich daraus auch die Antwort ablesen. Deshalb ist es wenig bedeutsam, welches Orakel man wählt oder welche Tarotkarten. Wichtig ist vor allem, dass der Deuter die Sprache des jeweiligen Orakels versteht.

Gibt es eine geheime, aber wirklich wahre, letzte und objektive Bedeutung der Karten?

Nein. Es gibt nur subjektive Auslegungen. Deshalb finden sich recht unterschiedliche zum Teil sogar höchst widersprüchliche Aussagen in den Büchern und Deutungen verschiedener, durchaus kompetenter Experten.

Der Grund liegt zum einen darin, dass Tarot keine Geheimsprache ist, die irgendwann von einem Weisen oder einer Gruppe von Eingeweihten ausgedacht wurde und deren Code man nur knacken müsste (siehe dazu den Artikel »Illustrationen und Tarotsymbolik«.

Vielmehr handelt es sich – insbesondere bei den Karten der Großen Arkana – um archetypische Symbole, die der Bildersprache unserer Seele entsprechen und entstammen. Dementsprechend findet sich der Schlüssel dazu weit weniger in der Geheimnistuerei mancher okkulter Kreise als vielmehr in der Tiefenpsychologie C.G. Jungs.

Ein Symbol aber ist seiner Natur nach niemals eindeutig noch kann es je in seiner ganzen Tiefe verstanden werden. Insofern können auch unterschiedlichste Deutungen zutreffend sein, da sie jeweils einen anderen Aspekt des Ganzen beleuchten.

Wieso zieht ein Mensch die »richtigen« Karten, ohne sie überhaupt zu kennen und zu wissen, was sie bedeuten oder welche Legemethode der Deuter benutzen wird?

Die Grundregel lautet: »Der Fragende spielt immer das Spiel des Deuters.«

Auf der unbewussten Ebene scheinen wir weit mehr miteinander verbunden zu sein, als es der äußere Eindruck vermuten lässt, wodurch so etwas wie eine Einheit zwischen beiden Beteiligten entsteht, dank derer der Fragende die richtigen Karten für den jeweiligen Deuter zieht. Insofern ist es auch unergiebig, eine Deutung von einem anderen Kartenkundigen »begutachten« zu lassen, denn für dessen Verständnis hätte die fragende Person möglicherweise andere Karten gezogen, die dennoch zur gleichen Aussage geführt hätten.

Wenn man die Karten zum gleichen Thema mehrmals nacheinander legt, kommen dann immer die gleichen Karten?

Wahrscheinlich nicht.

Ob die weiteren Legungen dennoch aussagekräftig sind, hängt davon ab, aus welchem Grund erneut gelegt wurde. Falls jemand dadurch nur den vermeintlichen Unsinn des Kartenlegens nachweisen möchte, sind diese zusätzlichen Legungen bedeutungslos (siehe dazu den Artikel »Zufall und Zufallsorakel«).

Gleiches gilt für den Fall, dass der Fragende mit der ersten Legung unzufrieden ist und deshalb gleich noch einmal Karten zieht. Geht es aber darum nach einer erfolgten Deutung eine oder mehrere Anschlussfragen zu klären, zeigt sich immer wieder, dass die weiteren Legungen konsequent auf den vorhergehenden aufbauen, ohne dass sich die Karten in »Widersprüche verstricken«.

Wie zuverlässig ist das Kartenorakel?

Die Karten antworten so, wie sie gefragt werden. Auf eine ernste Frage gibt es eine ernste Antwort, auf eine ganz allgemeine Frage eine ganz allgemeine Antwort, auf eine dumme Frage eine dumme Antwort. Und war die Frage "nur so" gestellt, dann ist auch die Antwort "nur so"!

Bei einer ernst gestellten Frage wie der Ratschlag der Karten so zuverlässig wie der eines alten weisen Menschen. Deshalb sollte man die Aussage der Karten ernst nehmen und ihre Empfehlungen beherzigen. Da aber eine absolute Wahrheit in dieser Welt nicht zu finden ist, liegt sie natürlich auch nicht im Tarot.

Die Karten wie auch andere Orakel weisen auf Erfahrungen hin, die wir machen werden. In dieser Hinsicht ist ihre Aussage sehr verlässlich. Aber wie ein Mensch auf diese Erfahrungen reagiert, und welche Ereignisse sich für ihn daraus ergeben, lässt sich nicht mit Bestimmtheit vorhersagen. Das gilt insbesondere für Menschen, die sehr bewusst leben und bei schwierigen Herausforderungen nicht auf eine bequeme Scheinlösung ausweichen. Sie gestalten ihre menschliche Entfaltungsfreiheit in einem so großen Rahmen, dass bei ihnen die »Trefferquote« von Prognosen weit niedriger liegt, als bei einem Menschen, der weitgehend unbewusst lebt, sich seinem Schicksal überlässt, stets den Weg des geringsten Widerstands geht und damit viel vorhersehbarer reagiert.

In jedem Fall sollte man davon ausgehen, dass keine Legung bindend ist, sondern eine Tendenz anzeigt, die eintrifft, wenn der Fragende so weitermacht wie bisher. Schlägt jemand aber allein schon auf Grund der Perspektiven, die Tarot ihm zeigt, einen anderen Weg ein, ist natürlich die Tendenz, die ihm die Karten vorausgesagt haben, hinfällig geworden.

Wie kommt es, dass die Karten manchmal meine Wünsche spiegeln und nicht die tatsächliche Entwicklung anzeigen?

Karten antworten so wie sie befragt werden. Nur auf eine offene Frage gibt es eine offene Antwort. Eine von Wünschen durchtränkte Frage kann deshalb zu einer Antwort führen, in der sich nur die Wünsche, nicht aber die zukünftige Entwicklung zeigt.

Welche Qualitätsunterschiede gibt es bei Kartendeutungen?

Die Qualität der Deutung hängt natürlich vom Horizont des Deuters ab.

Wer mit einem beschränkten Weltbild lebt, wird die Karten auch nur in der Enge seiner Vorstellungen übersetzen können. Andererseits hängt das Verständnis des Fragenden immer von dessen Reifegrad ab. Will er nur wissen, ob und wann er endlich Glück hat, ob etwas gut geht oder wann etwas Unangenehmes endlich vorbei ist, ohne sich dabei für die tieferen Hintergründe zu interessieren, ist er vielleicht gerade von einer wirklich seriösen und kompetenten Beratung enttäuscht, weil er dort keine vereinfachenden Antworten findet.

Woher weiß man, welche der vielen Bedeutungen einer Karte im Einzelfall richtig ist?

Aus der Intuition. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie - als Deuter - plötzlich bei einer Karte einen bislang vernachlässigten Aspekt betonen oder eine ganz neue Seite entdecken. Seien Sie eher skeptisch, wenn Sie schon formelhaft stets die selbe Deutung dahersagen.

Wenn Sie allerdings einmal wortlos und hilflos feststecken, können Ihnen auch die Karten selbst weiterhelfen: Fragen Sie nach der speziellen Bedeutung einer Karte, indem Sie dazu die Legemethode »Das Kreuz« legen.

Gibt es eine Aussagegrenze und damit Dinge, die ein Kartendeuter nicht voraussagen kann oder sollte?

Ja. Ein Mensch der Karten deutet ist im Gegensatz zu landläufigen Vorstellungen kein Wahrsager, sondern vielmehr ein Übersetzer, der die Sprache der Bilder versteht und sie dem Fragenden übersetzt. Darin gleicht er einem Traumdeuter.

Die Bedeutung der Aussage liegt darin, ein tieferes Verständnis für die größeren Zusammenhänge einer gegenwärtigen oder zukünftigen Entwicklung zu vermitteln. Dabei liegt die Aussagegrenze in der bildhaften Beschreibung der damit verbundenen Erfahrung. Wertlos bis fragwürdig sind Prognosen, die darüber hinausgehen und den Fragenden auf ein scheinbar unentrinnbares Ereignis festlegen.

Wie kann man mit unheilvollen Prognosen umgehen?

Immer wieder kommen Menschen hilfesuchend in eine Beratung, die von Wahrsagern, die sich nicht an Aussagegrenzen halten, scheinbar unvermeidliches Unglück prophezeit bekamen (Tod naher Angehöriger, wirtschaftlicher Ruin mit anschließendem Selbstmord usw.). Ein Gespräch darüber, dass solche Aussagen willkürlich und unhaltbar seien, hat dann wenig Wirkung. Erst wenn der Fragende versteht, dass er diese Prophezeiung »brauchte«, etwa um seinen Partner wieder mit neuen Augen zu sehen, löst sich der seelische Druck. (Nur darum geht es, die prophezeiten Apokalypsen treten ohnehin nicht ein.)

Damit soll nicht gerechtfertigt werden, dass verantwortungslose Wahrsager haltlose, schrecklich und zudem völlig wertlose Aussagen machen. Dennoch ist wichtig zu verstehen, dass die fragende Person hier wie auch bei jeder anderen Beratung oder Therapie Aussagen bekommt und Erfahrungen macht, die sie wahrscheinlich in der jeweiligen Situation »braucht«.

Kann man von den Tarotkarten abhängig werden?

Sicherlich gibt es Menschen, die keinen Schritt mehr tun, ohne zuvor die Karten um Erlaubnis zu fragen. Aber vermutlich sind sie nicht erst durch Tarot abhängig geworden, sondern haben eine Suchtstruktur, die sich genauso gut an irgend etwas anderem hätte festmachen können.

Erfreulicherweise gehört die Tarotsucht zu den wenigen Süchten, die sich selbst kurieren. Während andere Süchte stets nach mehr rufen und dabei immer weiter zunehmen, lässt diese Sucht mit der Zeit nach, denn je ausufernder Karten gelegt werden, um so mehr verwässert ihre Aussagekraft bis hin zur Bedeutungslosigkeit.

Wird der Mensch durch Karten oder andere Orakel nicht manipuliert oder macht er eine schlechte Erfahrung vielleicht nur deshalb, weil sie ihm vorausgesagt wurde?

Natürlich lässt sich so etwas nicht mit Bestimmtheit ausschließen, weshalb es wichtig ist, sich vor dem Kartenlegen zu fragen, ob man wirklich bereit ist, jede Antwort zu hören.

Wer sich von anderen beraten lässt, sollte sich nur an Menschen wenden, die er als sympathisch und vertrauenswürdig erlebt und einer düsteren, bedrohlichen Beratung, die nichts erhellt, aus dem Weg gehen.

Worin liegt die Bedeutung des Orakels?

In der Selbsterkenntnis und nicht in der Prognose von profanen Alltagsereignissen.

Was Tarot (ebenso Astrologie und I Ging) so wertvoll macht, ist das tiefe Verständnis für unsere Lebensaufgaben und unsere Wesensnatur, zu dem uns jedes dieser Orakel führen will und kann.

Wie verhält sich Tarot zu Astrologie oder dem I Ging?

Während die Stärke des Tarot darin liegt, Entwicklungen im Nahbereich deutlich zu machen, ist Astrologie ein exzellenter Schlüssel zur Wesensnatur des Menschen, seiner Lebensaufgabe und seinen großen Erfahrungszyklen. Das I Ging vermag vor allem demjenigen wertvolle Anstöße zu geben, der zu einer tiefen Bedeutungsebene einer Erfahrung vordringen will.

Jedes dieser Orakel spricht seine eigene Sprache, wobei abendländische Traditionen wie Tarot und Astrologie näher miteinander verwandt sind. Sie verhalten sich zueinander wie etwa Deutsch und Englisch: Sie lassen sich gut übersetzen. Dennoch gibt es in beiden Sprachen auch Ausdrücke, die sich in der anderen nur umschreiben lassen. Die Entfernung zum I Ging ist dagegen in der Tat so groß wie der Unterschied zwischen Deutsch und Chinesisch. Es bedarf eines tiefen Einfühlungsvermögens in die andere Kultur, um deren Sprache zu verstehen.

Ich habe mir die Karten legen lassen. Ein Teil der Prognosen traf präzise ein, ein weiterer Teil überhaupt nicht. Wie kann das sein?

Die Zukunft ist nicht etwas Vorgefertigtes, das wir nur "ableben" müssen, sondern hängt wesentlich davon ab, wie wir sie gestalten. Insofern sind Ereignisprognosen immer spekulativ. Tarot, Astrologie und andere Orakel können sehr wohl Tendenzen zeigen und Verständnis für die jeweilige Situation und die Aussichten schaffen, die Vorhersage eines Ereignisses ist aber immer eine Überschreitung der Aussagegrenze, weil sie

1. eine symbolische und damit von Natur aus mehrdeutige Konstellation auf eine eindeutige Aussage reduziert (deshalb spekulativ) und

2. ausser acht lässt, wie der Mensch sich angesichts der Erfahrung verhalten wird.

Ein ganz banales Beispiel macht das deutlich. Wenn jemand fragt, ob er eine Prüfung bestehen wird, dann können seine Karten noch so gut sein. Wenn er nicht zur Prüfung geht, wird er sie nicht bestehen.

Über Jahre waren mir die Karten eine wichtige Hilfe und ein zuverlässiger Begleiter, der mir stets einen Weg gezeigt hat. Aber seit einiger Zeit verstehe ich die Antworten nicht mehr, sie ergeben einfach keinen Sinn. Wie ist das zu erklären, was mache ich falsch?

Ich kenne für dieses Phänomen zwei mögliche Gründe:

1. Es stellt sich ein, wenn man einfach zu oft die Karten legt.

2. Es kommt wie eine korrigierende Funktion, wenn man zuviel Verantwortung von sich auf die Karten abschiebt.

Bedenken Sie stets den Grundsatz, dass Tarot zwar ein guter Diener aber ein schlechter Herr ist. Sich den Rat der Karten zu holen um ihn zu prüfen und eigentverantwortlich umzusetzen ist klug. Sich der Antwort der Karten zu unterwerfen und nur noch das zu tun, was Tarot "erlaubt" oder gar "befiehlt" ist ganz gewiss falsch.

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